„Dein Handtuch kannst du hier nicht ausbreiten !“ Gedanken zum 30. Sonntag im Jahreskreis – 17.Oktober

„Zunächst einmal müssen wir unsere Handtücher auf den Liegen ausbreiten, damit wir später dann nach dem erfrischenden Bad gleich einen festen Platz haben und nicht erst suchen müssen.“ – so denken oder sprechen viele Urlauberinnen und Urlauber. Erst einmal wird der Platz markiert und so allen anderen klargemacht: „Hier sitze ich! Du hast hier nichts verloren.“ Gerade wir Deutschen sind für diese Handelsweise unrühmenswert bekannt und vielleicht sogar eher berüchtigt. Es scheint aus der preußischen Haltung zu stammen, dass sich die Deutschen nach Ordnung und klaren Vorgaben sehnen.

Menschen wollen feste Plätze haben und wissen, wo sie sitzen. Daher gibt es auch oft Verwirrung, wenn Menschen zum Essen eingeladen sind. Alle sind auf der Suche nach ihrem Platz und es kehrt erst wieder Ruhe ein, wenn der Gastgeber klargestellt hat, wer wo sitzt. In unseren Tagen ist es in vielen Bereichen, ob für einen Besuch in einer Gaststätte, in öffentlichen Einrichtungen und in manchen Fällen gar in der Kirche nötig, zu reservieren und sich Plätze zu sichern.

Auch auf der Suche nach ihren Plätzen sind im heutigen Evangelium (Mk 10,35-45) die Söhne des Zebedäus, Jakobus und Johannes. Diese bitten Jesus, ihnen die Plätze rechts und links von ihm im Himmel zu sichern. Sie wollen also bildhaft ihre Handtücher ausbreiten, um schon einmal klarzustellen, wo sie im Himmel sitzen werden. Ist doch irgendwie verständlich, oder? – so denke ich mir. Kinder wollen ihre besten Freunde neben sich sitzen haben, weil es ihnen wichtig ist. Und freuen wir uns nicht alle, wenn liebe Menschen neben uns Platz nehmen?

Jesus aber weist die beiden scharf zurück, wenn er klarstellt, dass er kein Ticketverkäufer oder Platzreservierer ist. Seine Spur für einen Platz im Himmel ist die Spur, auf die wir uns nun begeben wollen. Vor allem aber ist es das Klarmachen, dass erst der himmlische Vater die eigentlichen Plätze zuweisen wird.

Nun, was ist die Spur, auf die uns Jesus führen will?

  • In den Wochen vor dem Christkönigssonntag stellt Jesus immer wieder klar, dass nicht unser eigenes Streben zum Himmel führt, sondern die Güte Gottes. Das wird auch ersichtlich, wenn wir an das Evangelium des vergangenen Sonntags denken. Dieser reiche Mann, der den Schlüssel zum Himmelreich sucht und dem Jesus mit dem Beispiel vom Kamel und dem Nadelöhr aufzeigt, dass für Gott nichts unmöglich ist.
  • Wir denken an die Lesungen des heutigen Tages aus dem Buch Jesaja und dem Hebräerbrief, in denen davon gesprochen wird, dass sich Gott besonders den Armen und Kranken zuwendet. Sie vor allem will er an seiner Seite haben und sie an sich ziehen.
  • Und die Spur führt bis hin zum Kreuz, wo Jesus seine Arme ausbreitet. Neben ihm hängen Menschen ebenfalls am Kreuz, die von sich überzeugt sind, dass sie keinen Platz im Himmel verdient haben. Doch Jesus sagt gerade zu ihnen: „Noch heute wirst du mit mir im Himmel sein.“ (Lk 19,43)

Jesus will uns nicht den Platz im Himmel absprechen, aber er macht deutlich, dass im Himmel eine andere Ticketvergabe vorherrscht. Dort zählen andere Maßstäbe als auf Erden.

Richtig unterwegs sind wir, wenn wir berücksichtigen und leben, was Jesus heute einschärft:

Bei euch aber soll es nicht so sein,
sondern wer bei euch groß sein will,
der soll euer Diener sein,
und wer bei euch der Erste sein will,
soll der Sklave aller sein.

(Mk 10, 43-44)