„Lasst uns nicht müde werden, das Gute zu tun!“
so lautet das diesjährige Motto des Sonntags der Weltmission. Eine Zeile aus dem Brief an die Galater, die wir in der Zweiten Lesung gehört haben. Es ist ein kraftvoller Zuspruch, der da an uns ergeht, liebe Schwestern und Brüder, liebe junge Christen!
Und sehnen wir uns nicht nach eben solchen hoffnungsvollen und motivierenden Zusprüchen in unserer Zeit? Ich meine: Auf jeden Fall!
Mir scheint, dass viele Menschen unserer Zeit zu ermüden drohen. „Es hat doch eh keinen Sinn mehr!“, „Warum soll ich noch was tun, wenn es anderen egal ist?“, „Ich habe keine Kraft mehr!“ – solche Sätze werden mir immer wieder selbst von sehr engagierten Menschen gesagt, denen ich in den letzten Wochen begegnen durfte. Und sie werden selbst von großen Powerfrauen und Powermännern gesagt, um die ich in unserer Gemeinde und unseren Gemeinden sehr stolz bin und über die ich mich sehr freue. Ich würde sie gerne alle mit Namen nennen, doch ist mir zugleich bewusst, dass manche von ihnen lieber im Verborgenen bleiben und nicht das Licht der Öffentlichkeit suchen.
Der Hintergrund, der sie alle beschäftigt, ist die Tatsache, dass unsere Kirchen in unserem Land immer leerer, die Anzahl der Ehrenamtlichen von Jahr zu Jahr geringer und die Anforderungen immer höher werden. – Ein Kreislauf der Überforderung in der sinkenden Spirale an Mitstreiterinnen und Mitstreitern beginnt.
Nun ermutigt uns in solchen Momenten eine Motivationsspritze, wie sie uns Paulus im Galaterbrief zuruft: „Lasst uns nicht müde werden, das Gute zu tun.“ Doch auf der anderen Seite wollen für das Herauskommen aus dem abnehmenden Kreislauf ja Lösungen gefunden werden. Dazu müssen wir uns auf die Suche machen. Und wer sucht, der weiß, dass das manchmal mühsam ist.
„Freuen sollen sich alle, die den Herrn suchen. Sucht den Herrn und seine Macht, sucht sein Antlitz allezeit“ –
„Freuen sollen sich alle, die den Herrn suchen. Sucht den Herrn und seine Macht, sucht sein Antlitz allezeit“ – so heißt es im Eröffnungsvers des heutigen 30. Sonntags im Jahreskreis, den wir als Sonntag der Weltmission feiern. Freude am Suchen wird uns da aus dem Psalm 105 zugesprochen. – Ein schlechter Witz – denke ich mir beim ersten Lesen und Hinhören. Auf der Suche bin ich doch schon lange, doch wie soll ich da Freude haben, wo ich doch seit Jahren niemand finde?
Ich meine, hierbei eine wichtige Wegmarkung für mich zu finden. Immer wieder und immer mehr stelle ich fest, dass die Freude am Glauben in unseren Gemeinden, in den Gesprächen über den Glauben und noch mehr in der Kirche unseres Landes mittlerweile mit einem Mikroskop gesucht werden muss. Denn es sind nur Wenige, die sich an ihrem Glauben und über ihren Glauben freuen können. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Sie liegen in den meisten Fällen in den Bereichen von Enttäuschung, Frustration, fehlenden bestärkenden Momenten bis dahin, dass die Freude am Glauben noch nie gespürt werden konnte. – Da liegt es nahe, dass man nicht mehr nur ermüdet ist, das Gute zu tun, sondern es gar aufgibt. „Hat alles keinen Sinn mehr, ich geb` auf!“ – so die Devise.
Das ist die eine Seite, die ich erlebe.
Es gibt aber auch eine große Sehnsucht danach, Freude im Glauben und am Glauben zu finden. Weshalb schauen wir so gerne auf andere Länder, in denen der Glaube aktiv und freudig gelebt wird? Wir sprechen von lebendigen Gottesdiensten, die in den Ländern Afrikas gefeiert werden. Daran musste ich auch denken, nachdem unser Bischof erst in den vergangenen Wochen in unserem Partnerbistum Mbinga in Tansania unterwegs war. Die Bilder sprechen von Menschen, die ihren Glauben wirklich feiern und freudig leben. Menschen tanzen bei der Begrüßung des Bischofs. Viele Menschen kommen beim großen Gottesdienst zusammen und ihnen ist die Freude im Gesicht abzulesen. Eine Freude über Jesus und die Freude darüber, dass diese Menschen ihn gefunden haben.
Ähnliches erlebe ich bei großen Jugendtreffen, von denen ich in meinen letzten Predigten öfters gesprochen habe. Es gibt auch zudem zahlreiche Jugendliche, die diese Freude bei einer Fahrt zur ökumenischen Gemeinschaft von Taizè finden. Das muss ein besonderer Ort sein, von dem Papst Johannes Paul II. – den wir gestern gefeiert haben – bei einem Besuch nach seiner Wahl zum Papst gesagt hat: „Man kommt nach Taizé wie an den Rand einer Quelle.“ Dies ist also ein Ort des Auftankens. Ein Ort, an dem die Freude lebendig ist. Sprudelnd, wie eine Quelle.
Wie bereits Johannes XXIII. formulierte: „Oh, Taizé, dieser kleine Frühling!“
Bei all dem frage ich mich: Lässt sich die Freude am Glauben wirklich nur an anderen Orten finden? Die Freude am Glauben, die ich auch bei einem Kongress mit eben jenem Namen 2013 in Würzburg spüren konnte.
Und ich frage mich: Schaffen das unsere Gemeinden vor Ort nicht mehr? Gibt es nicht auch hier Menschen, die sich über ihren Glauben freuen? Warum aber fallen sie so oft für andere nicht auf? Oder warum suchen nicht deutlich mehr die Freude am Glauben genau dort?
„Freuen sollen sich alle, die den Herrn suchen“
„Freuen sollen sich alle, die den Herrn suchen“ – so habe ich aus dem Eröffnungsvers zitiert. Er zeigt auf, dass ich mich aktiv auf die Suche begeben muss. Irgendwie ist es aber zugleich ein Paradoxon, da ich mich ja aktiv auf eine passive Suche begeben muss. Das will einerseits heißen: Ich muss suchen wollen und mich dabei auch immer wieder aufrappeln, da Suchen fordert. Auf der anderen Seite aber muss ich gefunden werden. Denn auch ein Anderer ist auf der Suche nach mir: Gott. Er weiß zwar, wo er mich finden kann, aber ist mir das bewusst? Und mache ich mich, mein Herz, meine Sinne und Fühler auf, damit er mich mit seiner Freude begeistern kann? Oder bin ich verschlossen, sodass er es schwer hat, hineinzukommen, um mich zu öffnen?
Wer einmal mit den Pfadfindern zu tun hatte, der weiß, dass man Spuren suchen muss. Nun gilt es, bewusst die Sinne zu öffnen und zu schärfen, auf dass Hinweise aufgespürt werden können. Spielhaft bei einer Schnitzeljagd haben wir das in meiner aktiven Zeit bei den Pfadfindern getan und uns gesucht. Die einen haben ihre Spuren gelegt und die anderen haben sich auf die Suche gemacht.
Ähnlich scheint es mir im Glauben zu sein: Gott hinterlässt seine Spuren in der Welt und wir müssen sie im Laufe des Lebens immer mehr suchen, aufspüren, einordnen und verstehen. Die wichtigsten Markierungen Gottes sind die drei großen Tugenden von Glaube, Hoffnung und Liebe, um deren Mehrung wir im Tagesgebet gebetet haben.
Wer aber diese Grundpfeiler des Glaubens gefunden hat, der darf auch eine Freude aufweisen, weil er sie gefunden hat. Es ist die Freude, mit der wir als Christen überzeugen, wenn sie echt ist und wenn sie gelebt wird.
Wir merken, dass nur dort Wachstum, Leben und Freude zu finden sind, wo Menschen begeistert, freudig und lebendig sind. Das ist unser Auftrag als Christen und als Mitglieder unser Glaubensgemeinschaft. Daher bin ich auch dem Religionskritiker Friedrich Nietzsche für seine Erinnerung dankbar, der uns Christen ja vorgeworfen hat, dass wir das nicht immer hinbekommen. Er bemerkte, dass er ja glauben möchte, aber das nur kann, wenn die Christen denn erlöster und freundlicher schauen würden.
Mir ist bewusst, dass wir durch unsere Kultur, unser Leben und die Höhen und Tiefen von beiden beeinflusst sind. Es fällt uns in unserem Kulturkreis nicht ganz leicht, freudig zu sein. – Auch mir ganz persönlich. Doch können wir es ja immer wieder und immer mehr versuchen. Indem wir anderen erzählen, welche Stellen der Bibel uns Freude bereiten. Wenn wir mitteilen, bei welchen Gottesdiensten wir freudig nach Hause gehen. Wenn wir freudig mitgeben, was an Gutem bei uns geleistet wird. Und wenn wir von dem erzählen, der Freude in die Welt bringt: Jesus. Wenn wir von Jesus erzählen, der Menschen wie Bartimäus im heutigen Evangelium aufsucht, mit Leben erfreut und ihn so verändert, dass er ihm nachfolgt.
„Lasst uns nicht müde werden, das Gute zu tun!“
„Lasst uns nicht müde werden, das Gute zu tun!“ – liebe Schwestern und Brüder, vor allem auch liebe junge Christen.
Lasst uns auch nicht müde werden, von unserer Freude zu sprechen, auf dass wir damit auch andere ansprechen.
Denn ich bin überzeugt: Wir als Gemeinde können noch in der Freude wachsen und wenn wir das tun, können wir auch als Gemeinde wachsen.
Ich freue mich, wenn du dabei bist und mitmachst!