Die Heiligen sind wie du und ich. – Nur etwas konsequenter.

Am Fest von Allerheiligen denken wir an alle Heiligen, nachdem es nicht möglich ist, für jeden Heiligen und jede Heilige einen eigenen besonderen Tag im Jahr zu reservieren. Bei 365 bzw. 366 Tagen und gleichzeitig einer mittlerweile bedeutend angewachsenen Schar an Heiligen braucht es daher einen Sammeltermin. Und irgendwie ist es doch auch schön, sich an einem solchen Tag von einer Vielzahl an unterschiedlichsten Persönlichkeiten umgeben zu wissen.

Das Fest Allerheiligen lädt aber zudem ein, darüber nachzudenken, was uns die Heiligen in unserer Zeit mitgeben können und wollen. Wir dürfen uns anfragen, was wir mit den Heiligen gemeinsam haben.

Im ersten Johannesbrief heißt es, dass nicht klar ist, was wir im Reich Gottes sein werden. Doch für den Verfasser steht fest, dass wir ihm [Jesus] ähnlich sein werden.“ (1 Joh 3,2b)

Ich meine, dass wir damit auf eine richtige Spur gelangen. Denn die Heiligen haben versucht, der Spur Jesu zu folgen und ihm – gemeint ist seiner Weisung, Lehre und seiner Art – von Tag zu Tag ähnlicher zu werden. Das ist zwar immer neu ein großer Anspruch und ein hohes Ziel, doch ist es wohl die Maßschnur auf dem Weg zur Heiligkeit, zu der wir alle aufgerufen sind. Papst Franziskus wird dazu in seinem Schreiben zur Heiligkeit deutlich, wenn er schreibt:  

Es gefällt mir, die Heiligkeit im geduldigen Volk Gottes zu sehen: in den Eltern, die ihre Kinder mit so viel Liebe erziehen, in den Männern und Frauen, die arbeiten, um das tägliche Brot nach Hause zu bringen, in den Kranken, in den älteren Ordensfrauen, die weiter lächeln. In dieser Beständigkeit eines tagtäglichen Voranschreitens sehe ich die Heiligkeit der streitenden Kirche. Oft ist das die Heiligkeit „von nebenan“, derer, die in unserer Nähe wohnen und die ein Widerschein der Gegenwart Gottes sind, oder, um es anders auszudrücken, „die Mittelschicht der Heiligkeit“.

Gaudete et exsultate, 7

Heilige sind also von Grund auf erst einmal wie du und ich. Vielleicht zeichnen sie sich aber durch eine höhere Konsequenz in ihrem Tun aus. Das kann deutlich werden, wenn Jesus uns heute mit den Seligpreisungen konfrontiert. So preist er etwa die Sanftmütigen selig, also Menschen, die Geduld selbst dort haben oder finden, wo andere in ihrem emotionalen Handeln explodieren würden. Und wie gefragt ist das in unseren Tagen, in denen man sich gerne verbal an die Gurgel geht und Geduld für viele ein Fremdwort geworden ist!

Selig sind auch die Barmherzigen – also jene, die ihr Herz öffnen, damit aus ihm Liebe in die Welt strömen kann, um Menschen anzurühren. Es sind Worte und Taten, mit denen solche Menschen wahrgenommen werden. Ich muss da etwa an den Heiligen Franz von Assisi denken, der sein lockeres Leben als Kaufmannssohn aufgibt, um sich den armen Menschen zuzuwenden und gleichzeitig für sich in einer radikalen Art und Weise die Barmherzigkeit Gottes zu entdecken.

Es braucht auch Friedensstifter, die in unseren Tagen in einer Welt voller Konflikte, Problemen und Streit nicht den Krieg als Mittel suchen, sondern Dialog, Verständigung, Toleranz und Friedfertigkeit. Dabei muss ich an Charles de Foucauld denken, der in diesem Jahr eigentlich heiliggesprochen werden sollte, doch die Corona-Pandemie verhinderte dies bisher. Er, der mit den Touareg, dem Nomadenvolk in Algerien in Kontakt gekommen ist und mit denen er besonders durch sein Verständnis und seine friedfertige Art und Weise aufgefallen und geschätzt worden ist.

Bei all den bisherigen Beispielen merken wir, wie alltäglich der Ruf zur Heiligkeit ist. Es geht um einen konkreten Moment, den ich ergreifen muss. Und solche Momente gibt es jederzeit genügend.

Entscheidend ist und bleibt, ob ich sie nutze und mit meinen Möglichkeiten erfülle. Solange ich aber daran arbeite und mein Bestes gebe, bin ich sicher auf dem „highway to heaven“ unterwegs – auf der Autobahn zum Himmel und auf der richtigen Spur.

Heiligkeit mag manchmal ganz schön exklusiv klingen, doch sollte sie das niemals sein. Wir alle sind dazu aufgerufen! Lasst uns daher die Gelegenheit am Schopf packen und mit unseren Kräften und Möglichkeit die Momente nutzen, in die wir gestellt werden!