„Jeden Tag eine gute Tat. Das ist der Anfang, um die Chance der Augenblicke im Alltag zu ergreifen.“

Wenn du dir nach dem Lesen dieses Beitrages von mir denkst: „Na, das ist doch nichts Neues, was der da schreibt“, dann habe ich erreicht, was ich dir mitgeben möchte. Denn es braucht nicht immer die großen Momente und Augenblicke, nach denen so viele Menschen Ausschau halten. Die größten Ereignisse hat Gott selbst bereits bereitet.

Eine kleine Schulung für die täglichen Möglichkeiten

Die Schrifttexte des heutigen 32. Sonntags im Jahreskreis schulen uns Menschen eben mit jenem Blickwinkel. Da wird uns beispielsweise in der Ersten Lesung aus dem ersten Buch der Könige (1 Kön 17,10-16) eine arme Witwe mitsamt ihrem Sohn vor Augen geführt, die selbst nicht genügend zum Überleben haben. Es scheint beim ersten Lesen gar eine Zumutung zu sein, dass der Prophet Elija von diesen beiden auch noch den letzten Rest an Mehl und Öl verlangt. – Dann haben sie ja gar nichts mehr, so denkt man sich.

Doch worum geht es dem Sprachrohr Gottes? Er fragt an, ob denn noch ein Rest an Erinnerung beim Volk Israel zu finden ist. An Erinnerung an die Zeit, als sich Gott seines Volkes erbarmt hat, als er es in der Wüste begleitet und gestärkt hat. Denn die Israeliten hatten genügend an Lebensnotwendigem erhalten, auch wenn die Reisebedingungen nicht im Sinn von „all inclusive“ waren. Im Beispiel dieser Witwe erneuert Gott nun durch den Mund des Propheten seine Zusage, dass er die Menschen nicht im Stich lässt. Auch ist es ihm nicht egal, wie die Menschen leben, sondern er mischt sich ein.

Der Mehltopf wird nicht leer werden und der Ölkrug nicht versiegen bis zu dem Tag, an dem der Herr wieder Regen auf den Erdboden sendet.

(1 Kön 17,14)

Eine nötige Anfrage

Nun kann man sich fragen: Warum gibt es dann aber so viele Menschen, die nicht auf das Lebensnotwendige zurückgreifen können? Doch finden wir bei genauerem Betrachten all der Umstände genug verpasste Chancen, die wir Menschen ergreifen könnten, damit eine gerechte Verteilung von ausreichend Nahrung und sauberem Wasser allen Menschen möglich wäre. Auch hier gibt es jeden Tag neue Chancen, die wir ergreifen können. Und weltweit haben alle politisch, gesellschaftlich und kirchlich Engagierten eine Vielzahl an Möglichkeiten, die sie angehen könnten, wenn es ihnen denn ein wirkliches Anliegen ist. Zwar wird sicher bereits viel getan, doch reicht es immer noch nicht für alle aus.

Der erste Schritt: das eigene Tun

Nun lohnt es sich ja meist mehr, auf sich selbst zu schauen, als den Anderen zum Tun aufrufen zu wollen. Darauf werden wir im Evangelium (Mk 12) am Beispiel der armen Witwe hingewiesen, die verhältnismäßig mehr gibt als all die Reichen, die ihr voraus ihr Opfer in den Kasten einwerfen.

Jesus fällt diese Frau auf, da sie zwar nur zwei kleine Münzen in den Opferkasten wirft, doch ist es für sie alles, was sie hat. – Ihr ganzer Lebensunterhalt! Nun denkt man sich vielleicht: „Ist sie verrückt? Warum behält sie das nicht für sich, um sich wenigstens ein paar Nahrungsmittel zu kaufen?“ Doch geht es bei ihrem Beispiel wohl vielmehr um die Ganzhingabe, die sie beispielhaft vorlebt. Jesus lehrt eben das seinen Jüngern, wenn er ihnen ihr Beispiel vor Augen führt.

Nun ist die Ganzhingabe ja ein großes Wort. Und noch schwerer ist es, sie auch wirklich zu leben. Und sie gelingt auch nur, indem man sie täglich neu einübt. Denn es geht in ihr um die Bereitschaft und die Haltung, sich selbst nicht als obersten Maßstab zu sehen, sondern Gott und den Nächsten. Dabei klingelt in unserer Erinnerung das Wort von der Gottes- und Nächstenliebe vom vergangenen Sonntag.

Kleine und alltägliche Beispiele der Ganzhingabe sind etwa, wenn ich von mir selbst etwas abgebe, wovon ich sowieso zu viel habe. Keine große Sache und tut auch nicht weh! Vielleicht bin ich auch gefordert, wenn ich meinem Nächsten zu Hilfe eile und ihm etwas Gutes tue, das er in dieser Zeit brauchen kann. – Da sind wir immer wieder neu gefordert in diesen Zeiten, in denen manche unserer Mitmenschen kaum Freude spüren können. Und ist nicht so oft ein gutes Wort oder eine Ermutigung hilfreich?

Oder die immer wieder fordernde Disziplin des Zuhörens. Wenn ich Menschen mit all ihren Sorgen, Nöten und Problemen zuhöre, wodurch sich manches Leid zwar nicht beseitigen, wohl aber teilen lässt.

All das sind kleine Beispiele, die so oft ziemlich große Auswirkungen haben! Sie zeigen auf, wie wichtig es ist, täglich neu die gute Tat zu tun.

Das größte Beispiel: Die Hingabe Jesu

Und das größte Beispiel, welche große Wirkung eine kleine Tat haben kann, gibt Jesus selbst. Im Hebräerbrief (Hebr 9,24-28) der zweiten Lesung ist dies genannt worden: Jesus, der sich selbst als Opfer hingibt für alle Menschen. Er ist der Eine, der sich für die Vielen hingibt.

Wir werden in den nächsten Wochen noch mehr in dieses Thema einsteigen, da der Evangelist Markus nach nach der heutigen Evangelienstelle in die Leidensgeschichte Jesu einsteigen wird.

Wenn also Jesus, Gottes Sohn, sich für uns hingegeben hat, und so viele Menschen – von denen die beiden Witwen heute ein besonderes Zeugnis geben – ihm ähnlich geworden sind, dann haben auch wir jeden Tag eine neue Chance, ihm ähnlicher zu werden durch die Taten, die wir in unserem Umfeld vollbringen können.

Amen.