„Manege frei – los geht`s!“ – Predigt am 33. Sonntag im Jahreskreis

Willkommen in der heutigen Vorstellung

Vorhang auf! – Manege Frei! – Der erste Akteur kann die Bühne betreten!

Michael, der für Gerechtigkeit, Recht und Ordnung kämpfende und sich einsetzende Erzengel erscheint. Mit ihm beginnt die letzte Tragödie der Menschheitsgeschichte, wenn er als großer Fürst die Bühne der Menschheitsgeschichte betritt. Denn er leitet eine Zeit der Not ein, wie es die Menschheit bisher noch nicht kannte. Doch ist noch nicht alles verloren. Die Menschen haben noch Möglichkeiten – vor allem die, die im Buch verzeichnet sind – so der Verfasser des Buches Daniel.

Das Ende der Zeit des Menschen ist gekommen – und irgendwie habe ich gerade ein Bild aus dem Film „Herr der Ringe“ vor Augen.

Man könnte sagen, es sind fast schon Plots – Regieanweisungen -, die uns da an diesem Sonntag sowohl in der Ersten Lesung aus dem Buch Daniel (Dan 12,1-3) als auch dann im Markusevangelium (Mk 13,24-32) vorgelegt werden.

Denn auch das, was Jesus im Evangelium schildert, klingt wohl mehr nach Actionfilm und erinnert an Tragödien im Stil von „The day after tomorrow“ oder „Armageddon“.

Die Ausgangslage im Evangelium: Zeichen wahrnehmen und anschließend deuten

Einmal kurz die Ausgangslage: Jesus kündet die Endzeit an. Diese Zeit ist von Drangsal geprägt und zeigt sich darin, dass sich die Sonne verfinstert. Der Mond scheint nicht mehr, die Sterne fallen vom Himmel und der Himmel an sich verliert seine Kraft. Engel erscheinen, welche die Auserwählten aus allen Himmelsrichtungen zusammenführen. Dann folgt das irdische Ende.

Auch in unserer Zeit treten Unheilspropheten auf die Bühne der Weltgeschichte

Ankündigungen von Katastrophen – für viele Menschen erschütternd und beängstigend. Für andere ein Zeichen dafür, dass derjenige Mensch nun völlig den Verstand verloren hat oder nur noch schwarz sieht. In der Kirche gab es seit deren Bestehen schon viele Zeitpunkte, in denen den Menschen nicht nur bildlich gesehen die Hölle heiß gemacht wurde und Woche für Woche neue Schreckensszenarien von den Kanzeln verkündet wurden – gemäß dem Motto: ein Schrecken kommt selten allein.

Nun ist es allerdings auch in unserer Zeit so, dass von neuen Kanzeln ständig neu Schreckensnachrichten in alle Welt geschickt werden. Es gibt neue Akteure, neue Schauplätze und neue Themen, die in Menschen Angst und Schrecken hervorrufen. Ich denke mir das oft, wenn ich einmal meinen Fernseher anmache und mir die Nachrichten anschaue. Oft frage ich mich im Anschluss: Gibt es eigentlich auch noch gute Nachrichten?

Politiker verkünden immer neu, das nun aber endlich einmal der finanzielle Gürtel enger geschnallt werden muss, wobei viele Menschen entgegen, dass sie bereits beim letzten Loch angekommen sind. Immer wieder auftauchende Akteure aus den Bereichen Politik und Medizin malen in diesen Tagen immer schwärzere Bilder, wie sich die Coronalage von Tag zu Tag verschlechtern wird, wie viele Menschen wann sterben werden und konstruieren daher immer neue Drohgebärden mit Forderungen, die unbedingt eingehalten werden müssen, will man nicht das Ende der Welt und der Menschheit herbeibeschwören. So sicher wie das Amen in der Kirche kommt mehrmals im Jahr von Unternehmern der Satz, dass sich die Wirtschaftslage weiter verdüstert hat und die Aussicht schlecht ist. Jetzt unbedingt noch das Klima retten, denn sonst versinken wir schon in wenigen Jahren unter dem Wasser, das in die Meere fließt, weil Gletscher schmelzen und die Eisberge bald nicht mehr existieren. Rette die Erde – Rette den Planeten – Rettet die Tiere. JETZT. Last Chance. Letzter Versuch, sonst ist alles vorbei.

Was nun tun? Heil oder Unheil – das ist hier die Frage!

Und nun? Was tun? Einstimmen und weitere apokalyptische Szenarien auf die Bühne der Weltöffentlichkeit bringen? Ich muss zugeben: Manchmal würde ich das gerne tun. Ähnlich den neuen Bußpredigern, die sich in den Nachrichten zeige. Den Menschen unserer Tage einmal klarmachen, dass es JETZT, aber auch JEDERZEIT der Umkehr bedarf!

Denn genau darum geht es in der Vorstellung des Verfassers des Buches Daniel mit seiner endzeitlichen Vorstellung und der Frage, wie man sich die letzten irdischen Tage vorstellen soll.

Und auch Jesus will, dass sich die Menschen bekehren; dass sie umkehren und sich vorbereiten. Mit dem Bild des Feigenbaums, an dem man an den saftigen Blättern erkennt, dass der Sommer nahe ist, weist Jesus auf die Zeichen hin, die man mit den eigenen Augen sehen kann. Dir ist dann nämlich klar und bewusst, dass der Sommer da ist, wenn die Blätter in vollem Saft stehen. Doch du weißt auch, dass das alles seine Zeit hat, wenn wir etwa an die stete Mahnung des Propheten Kohelet denken. Wie nach dem Sommer der Herbst kommt und dann den Lebenssaft zurückziehen und die Blätter fallen lässt, so ist auf Erden alles vergänglich und dem Verfall preisgegeben. Sei dir also bewusst, dass dein Leben eine Frist hat. Bereite dich daher vor, solange du noch genügend Kraft hast und du im vollen Lebenssaft stehst, bevor deine Kräfte schwinden und du nicht mehr kannst!

Ein definitives Faktum des Menschen: irgendwann ist Schicht im Schacht

Ja, wir Menschen werden vergehen. Eines Tages ist es vorbei mit uns. Zwar kennen wir weder den Tag, noch die Stunde und wir wissen auch nicht, ob wir sanft einschlafen oder von Krankheit oder Not geplagt werden. In diesem Totenmonat November wird uns das oft deutlich, wenn wir an unsere Verstorbenen denken. An Allerheiligen und Allerseelen haben wir das getan und auch heute, am Volkstrauertag – den wir Jahr für Jahr zwei Wochen vor dem Ersten Advent begehen – denken wir an all die Verstorbenen von Krieg, Terror, Gewalt und anderen Katastrophen der Menschheitsgeschichte und der Geschichte unseres Landes.

Immer, wenn wir mit dem Tod und unserem persönlichen Vergehen konfrontiert werden, sind wir auch in unserem Glauben angefragt. Jesus nämlich weiß und verkündet, dass alles auf Erden nicht das Letzte ist, sondern der Anfang einer ganz neuen Schöpfung. Ein Reich, das der irdische Jesus verkündet hat und dessen Worte nicht vergehen, weil sie ewigliche Worte sind. Immer neu muss ich selbst darauf antworten, ob ich ihm glaube und vertraue, was er mir zusprechen will. So auch heute wieder, wenn er uns sagt, dass seine Worte Bestand haben.

Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.

(Mk 13,31)

Und dennoch: Hoffnung auf Leben

Ich jedenfalls finde es ein vertrauensvolles Wort, das Jesus uns da zuspricht. Und ich erinnere mich an Jesu Wort: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ (Joh 4,6) Und immer neu faszinieren mich gelebte Glaubenszeugnisse, die eben das in Worte fassen, wie auch heute im Antwortpsalm:

Denn du überlässt mein Leben nicht der Totenwelt; du lässt deinen Frommen die Grube nicht schauen.“

(Psalm 16,10)

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben, mögen unsere Zeiten manchmal unheilvoll aussehen und mögen immer wieder verschiedenste Unheilpropheten auf die Bühnen unserer Tage strömen – viele von ihnen sogar mit den besten Absichten und dringlichen Appellen – so wissen wir im Glauben, dass das alles seine Frist hat. Das eigentliche Leben in der Fülle erwarten wir erst noch im Reich Gottes. Und doch sind wir aufgerufen, hier auf Erden eben so lange alles zu geben, um nicht Unheil zu säen, sondern Leben. Zugleich müssen wir aber wachsam sein für die Zeichen der Zeit und die Zeichen der Endzeit. Wir dürfen aber auch darauf vertrauen, dass Jesu Wort Bestand hat und dass er uns immer neu festigen und bestärken will. Gerade dann, wenn alles ins Wanken gerät und manches aus dem Ruder gerät.

Herr, auf dich vertraue ich – in deine Hände lege ich mein Leben.

Amen.