Das wahre Heil strahlt aus der Krippe! – Predigt in der Heiligen Nacht

Liebe Kinder und Jugendlichen, liebe jungen Christen und Familien, liebe Schwestern und Brüder im Glauben, die wir heute die faszinierende heilige Nacht feiern, in der wir auf Jesus in der Krippe blicken, der uns mit Hoffnung, Freude und Liebe anschaut und anstrahlt.

Werbetrailer zeigen auf , wie sehr Heil-Werden erwartet wird

Jedes Jahr schaue ich mir bewusst die Botschaften an, die an uns in diesen Tagen ergehen – ganz besonders die Werbetrailer, die jedes Jahr pünktlich zur Vorbereitung auf das Weihnachtsfest ausgestrahlt werden und die uns unterschiedlichste Botschaften mitgeben wollen.

Ein solcher Werbetrailer stammt von einem großen deutschlandweit und darüber hinaus tätigen Lebensmitteldiscounter. Darin zu sehen ist ein alleinerziehender Vater, der bei der Straßenbahn arbeitet und der mit seinem jugendlichen Sohn Streit hat, weil er andauernd arbeiten muss, da es ja sonst nicht für beide reicht. Aber vielleicht kommt bei ihm noch dazu, dass er sich seiner Verantwortung gar nicht stellen will. Er scheint mit der Situation überfordert und trauert der Vergangenheit nach, als alles noch heil und gut war, nämlich als die Familie noch komplett war.

Ein ungewöhnliches Weihnachtsessen

In Folge der Überforderung in dieser Lage und aufgrund der kurzfristigen Einberufung zur Nachtschicht fällt das ersehnte Weihnachtsessen mit dem Sohn kurzerhand aus. Selbstverständlich ist der Sohn folge dessen enttäuscht und frustriert. Er scheint sich zu denken und zu fragen, ob denn sein Vater überhaupt für ihn noch da ist. Liebt er mich denn überhaupt noch?  So fragt sich der junge Mann und fühlt das wohl auch. Er ist damit nicht allein, sondern es geht ihm wie vielen Jugendlichen in zerrissenen und zerrütteten Familien, wie ich aus meiner Schultätigkeit und an anderer Stelle immer wieder erfahren muss. – Und das auch, selbst wenn unsere heutige Gesellschaft immer wieder versucht hinzustellen, dass das angeblich alles „ganz normal“ sei und man doch endlich einmal alles gutheißen müsste. – Vater, Mutter, Kind oder gar Kinder – ein überholtes Familienmodell – so oft genug die Devise und Maßgabe. Und doch höre ich so oft im Gespräch, dass sich so viele eben genau danach sehnen und dies für sich und ihr Leben erhoffen.

Zurück im Weihnachtstrailer ist es der Sohn, der den ersten Schritt auf seinen Vater zu macht. Er ist gar zur Vergebung bereit, wenn er ihn in dieser besonderen und heiligen Nacht besucht. Er macht sich auf zur Straßenbahnstation und klopft an die Scheibe der Straßenbahn, in der der Vater gerade eine Pause macht. Wie viel Freude ist in jenem Moment zu spüren, als der Sohn zum Vater kommt und wenn sie ganz simpel ihr Weihnachtsessen in die Straßenbahn verlegen.

Alltägliches Deutschland: Sehnsucht nach echtem Heil

Dieser Werbetrailer mit dem Titel „Die heilige Nachtschicht“ zeigt einen Querschnitt unserer Gesellschaft. Denn der Sohn fällt in der Schule mit zahlreichen Problemen auf aufgrund der zerrütteten Beziehung zu seinem Vater und der zerrütteten Familiensituation. So sehr sehnt er sich nach Heil-Werden und Heilung im eigenen Leben. Diese kommen auch daher, dass der Vater ihn immer wieder mit falschen Versprechen im Format von „Ich werde mich ändern“ abspeist.

Andere Werbetrailer zu Weihnachten preisen eine Art neue Erlösung, etwa mit der Botschaft „Ich wünsche mir, dass du deine Jugend zurückbekommst“ – eine Botschaft, die eine Mutter ihrem Sohn zuspricht. Oder verkitschte Vorstellungen vom angeblichen „wahren Weihnachtsmann“ bis hin zur Aussage „Weihnachten ist magisch“ eines Zuckerwasserherstellers.

Grundlage all dieser Beispiele ist der Wunsch nach Heil-Sein, Heil-Werden und Heilung im eigenen Leben, in den menschlichen Beziehungen und im eigenen Herzen – ja der eigenen Biographie, die bei Menschen unserer Tage und unserer Zeit so oft aus schier endlos erscheinenden Brüchen besteht.

Und es ist wirklich eine große Anfrage an Menschen unserer Tage, wie wir damit umgehen. Offensichtlich scheint mir in meinem Dienst jedenfalls immer mehr, wie sehr das Thema Heilung und Heil-Werden an Bedeutung zunimmt. Denn so vieles ist im eigenen Leben zerbrochen – angefangen von eigenen aufgestellten Plänen über Krankheiten, die am Lebenshaus gerüttelt haben bis hin zu Familien, Ehen und Beziehungen, Freundschaften und manchmal gar die Annahme der eigenen Biographie und des Ich-Seins.

Die Heilige Familie: ein Kontrastmodell?

Nun könnte man sagen: die heilige Familie ist dazu der völlige Kontrast. Fast schon ein Gegenmodell dazu. Und manchmal klingt die Frage auf: Sind wir Menschen von heute dazu nicht mehr fähig?

Maria, die sich einlässt auf Neues und die ganz für Gottes Plan da ist, wenngleich es ihr sicher vieles abverlangt hat.

Josef, der seine unerklärlich schwanger gewordene Verlobte nicht bloßstellt oder gar verstoßt, auch wenn er in der damaligen Zeit und in dieser unerklärlichen Lage vielleicht allen verständlichen Grund gehabt hätte.

Auf der anderen Seite aber zeigen diese im Leben und Glauben vorbildlichen Menschen, dass auch sie das Heil not-wendig brauchen und es gar erhoffen. Und genau da bin ich beim springenden Punkt: Maria und Josef erwarten das Heil von Gott aus und richten daher ihr Leben auf ihn hin aus. Und auch die Menschen, die nachfolgend zur Krippe kommen – von den einfachen Hirten mit einer Offenheit für Veränderung und einer gelebten Sehnsucht im Herzen bis hin zu den Weisen aus dem Morgenland, die wohl schon so viel durchdacht haben, wo sie nicht alles das Heil finden könnten. Dazu zahlreiche Personen, die gar nicht genannt werden, die wohl aber von diesem faszinierenden und verändernden Moment mitbekommen haben: Gott kommt in die Welt. Das Heil kommt in die Welt. In Jesus, dem kleinen Kind – fleischgeworden wie jeder andere Mensch auch, wie wir in der Theologie sagen.

Einfache, aber ebenso Fromme suchen das Heil, das in der Krippe zu finden ist. – Und es ist für sie kein Strohhalm, an den sie sich klammern.

Eine Gegenwart, die das Heil nicht mehr im Glauben sucht?

An dieser Stelle sind wir an einer weiteren großen Frage angelangt, die mich immer wieder beschäftigt: Glauben wir denn wirklich noch, dass Gott die Welt heil macht? – bei all den Problemen, Notlagen und Krisen, von denen wir tagtäglich erfahren und von denen die anhaltende Coronakrise die Bekannteste und Aktuellste ist.

Weihnachten versteht sich nur im Zusammenhang mit dem Osterfest: Jesus erlöst die Welt aus aller Dunkelheit, aus Hoffnungslosigkeit, Trostlosigkeit, Leid, Krankheit und Tod. Wer nur auf den lieblichen, kleinen Knaben in der Krippe blickt und dabei das Kreuz ausklammert, der findet dieses Heil nicht.

Daher frage ich mich gar, ob nicht Menschen unserer Zeit gar die Erwartung und Hoffnung auf das Heil verloren haben. Die neueste Allensbacher Studie jedenfalls zeigt diese Entwicklung auf. Nur noch ein Bruchteil der Christen in Deutschland glaubt überhaupt noch an Jesus Christus, noch weniger an seine Auferstehung, ja letztlich an das Heil, das von ihm ausgeht. – Am schnellsten abnehmend in den Kirchen der Reformation.

Und doch – ein Beginn: Sehnsucht

Doch auf der anderen Seite eben zeigen mir die jährlichen Trailer zu Weihnachten, von denen ich anfangs gesprochen habe und zahlreiche persönliche Gespräche, dass es doch zumindest eine Sehnsucht danach gibt, eine Sehnsucht nach dem Heil:

  • Heile Beziehung zu den Eltern
  • Heiles Miteinander der Ehepaare und Beziehungen
  • Versöhnung mit der Biographie und all den Brüchen darin
  • Heilung und Heil-Werden im Kontext von Krankheiten und Krisen
  • Heil, dass am Ende, alles gut werden wird

Weihnachten: Das Fest des Heiles

Daher möchte uns Weihnachten immer wieder deutlich machen: Schau auf das Heil, das konkrete Gestalt annimmt. Schau auf Jesus, den ihr in der Krippe findet. Wendet auch an Gott, der das Heil der Menschen will und der die Welt zum Heil führen will.

Jesus, der Heiland der Welt, kam in die Welt. Blicken wir an diesem Weihnachtsfest also besonders auf ihn, unserem Heil.

Amen.