„Manchmal braucht es deutliche Ansagen!“

Noch bevor etwas gesagt wird, wird es brenzlig

„Das ist deine letzte Chance. Ich meine es ernst. Wehe dir, wenn du sie nicht nutzt!“ – solche Moralpredigten halten Eltern ihren Kindern oder Lehrkräfte ihren Schülerinnen und Schülern oder Ausbildungsverantwortliche gegenüber ihren Azubis.

Mag es auch bedrohlich klingen, so geht es guten Eltern, Lehrern und Ausbildern darum, ihren Anvertrauten mit Ernsthaftigkeit ins Gewissen zu reden. Sie wollen nicht den Schaden, sondern Einsicht und Besserung der ihnen Anvertrauen. Eigenschaften, die es für das gesamte Leben braucht und die auch manchmal schmerzliche Erfahrungen mit sich bringen. Doch den Genannten geht es darum, dass die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen für sich selbst einen guten Weg in ihre schulische und berufliche Zukunft einschlagen können.

Deutliche Ansagen am heutigen Sonntag

Ähnlich scheinen mir die Texte des sechsten Sonntages im Jahreskreis zu klingen. Es sind klare Botschaften, die gesagt werden. Auch die Aussagen werden deutlich verknüpft. Sie sind keine reinen Drohkulissen, wie sie vielleicht sich beim ersten Hören anhören. Oder wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Doch gibt es Ausnahmen: Hörerinnen und der Hörer, die keine Einsicht zeigen.

Daher möchte ich nun näher auf die Texte schauen. (Jer 17,5-8; 1 Kor 15,12.16-20; Lk 6,17-18a.20-26)

Die Unterschiede zwischen Bergpredigt und Feldrede

Das Evangelium aus der Stelle bei Lukas klingt bekannt und doch anders. Es klingt nach der Bergpredigt, die wir bei Matthäus finden und doch ist der Ton ein ganz anderer. Hört sich Matthäus mit seiner Auflistung von „Selig, die“ eher nach einem gutmütigen Opa an, der seinen Enkeln behutsam den ernst der Lage klarmachen will, so macht Jesus in der Version bei Lukas in dessen Feldrede Nägel mit Köpfen. Dabei sagt man ja immer: „Der Ton macht die Musik“. Und da klingt bei Lukas eher ein Polterer durch, der einmal Druck ablassen muss. Der einmal auf den Tisch haut, weil ihn ja scheinbar keiner für ernst nehmen will. Auch da ihn die Leute scheinbar nicht verstehen, wenn er nicht deutliche Worte verwendet.

Heute sehen wir die Brücke zwischen Matthäus und Lukas deutlich. Nämlich jene Quelle Q, von der die beiden Evangelisten ihre Informationen nehmen . In ihren Evangelien werden sie diese mit unterschiedlicher Sprachgewandtheit und unterschiedlichen Zielen einbauen. Während Matthäus in der Bergpredigt mit acht Seligpreisungen beginnt, lässt Lukas Jesus nach den vier Seligpreisungen vier Wehrufe aussprechen. In beiden Fällen ist der Inhalt klar. Jesus will, dass das Leben bewusst und konsequent, ja überzeugt, geführt wird.

„Der Ton macht die Musik“

Betrachtet man die Wortwahl, könnte man übertragen sagen, dass Matthäus in der Bergpredigt eher mit leisen Flöten und Harfenklängen komponiert. Lukas hingegen fährt in der Feldrede Pauken und Trompeten auf. Er will erreichen, dass es nun aber wirklich auch der Letzte hört, versteht und dann endlich sein Leben ändert.

Dabei haben beide dasselbe Ziel: Reiche müssen sich ihrer Verantwortung stellen und gerecht werden und den Armen soll ein Zuspruch gesagt werden. Sie sollen verstehen, dass ihre Lage von Gott aus anders bewertet wird als sie selbst es denken. Und die Reichen erhalten dabei den Denkzettel: „Mögt ihr auch derzeit in Saus und Braus leben, so seid euch nicht sicher, dass es auf immer und ewig so bleibt.“

Für die Armen stimmt Jesus daher eher Worte des Segens an, während den Reichen der Marsch geblasen wird. Durch die Wehrufe bekommen sie eindrücklich die letzte gelbe Karte gezeigt.

Die Reichen trifft es hart. Warum ist das bei Jesus überhaupt so?

Nun fragt man sich, warum denn Jesus mit den Reichen so große Probleme hat. Dabei ist es notwendig auf das gesamte Evangelium des Lukas zu blicken, in dem die Reichen am deutlichsten angegriffen und angegangen werden.

So etwa in den Gleichnissen vom armen Lazarus und dem reichen Prasser. Oder dem vom reichen Bauern mit seinen vollen Scheunen. Dort liest Jesus den Mächtigen die Leviten und will sie so auf einen Prozess der Umkehr schicken. Jesus will sie nicht ungerecht abstrafen oder ihnen gar persönlich das Tor zur Unterwelt öffnen, sondern ihnen Wege zum Heil weisen. Das wird uns auch deutlich, wenn wir auf das Markusevangelium schauen, in dem vom Kamel und dem Nadelöhr berichtet wird. Ergänzt wird, wie schwer es für Reiche ist, durch das enge Tor in den Himmel zu kommen.

Doch der Zielsatz auch diesen Gleichnisses ist das Ende: dass für Gott nichts unmöglich ist. Vorausgehen müssen beim Menschen die Einsicht, die Reue und der Änderungsvorsatz im Leben. All das kennen wir aus dem Sakrament von Umkehr und Versöhnung.

Nochmals deutliche Mahnungen in den Lesungen

So deutlich, wie Jesus im Evangelium ist, so deutlich sind auch die Verfasser der beiden Lesungen, die wir heute ebenfalls gehört haben. Jeremia greift den Psalm 1 auf, der den Menschen verflucht, der sich selbst als oberste Maxime setzt und der Gott vom Sockel stoßen will: Die Egoisten und Egozentriker, die nur auf ihre eigenen Kräfte bauen und die Gott im Leben ausklammern. Auch sie verstehen scheinbar nur deutliche Ansagen. Sie legen es darauf an, dass ihnen sprachlich gesehen ab und zu die Hölle heißgemacht wird. Denn nur dann zeigen sie Einsicht und ändern ihr Leben.

Und Paulus macht in deutlichen Worten klar, dass die Auferstehung nichts nebulöses ist, sondern konkret in Jesus Christus, dem Auferstandenen. Er, der vom Leben und von der Hoffnung kündet. Der sie erfüllt und gelebt hat und der auch uns zum Leben rufen will. Doch liegt es an uns, ob wir uns darauf einlassen und ob wir ihm glauben und vertrauen, dass er es gut mit uns meint und uns ins Leben ziehen will.

Glauben wir nicht daran, dann ist der Glaube jener letzte Strohhalm, an dem sich Menschen klammern. Im entscheidenden Moment aaber wird er nicht halten, wie die Religionskritiker Feuerbach, Nietzsche und Freud mahnen.

Wer überzeugt ist, überzeugt auch.

Vergessen wir an diesem Sonntag die Absicht nicht, welche die Verfasser der Texte haben: nämlich die Menschen zum Heil zu führen.

Dabei sind sie alle nicht daran interessiert, den Menschen Honig um den Mund zu schmieren oder gar zu schmeicheln. Und braucht es nicht doch immer wieder Menschen, die solche deutliche Worte finden? Die nicht darauf aus sind, von den Menschen geliebt zu werden, sondern die die Wahrheit unverkürzt verkünden? Die auch in Kauf nehmen, nicht von der Menge bejubelt zu werden und die vielmehr von den Menschen, Medien und führenden Köpfen der Gesellschaft geschmäht und an den Abgrund gedrängt, ja manchmal gar zum Schweigen gebracht werden, weil ihre Botschaften anstößig sind.

Solche Menschen sind aber wohl tatsächlich nahe dran an dem, was auch Jesus selbst am eigenen Leib erleben muss: dass die Menschen ihn am einen Tag bejubeln und am anderen Tag von der Klippe werfen wollen, die ihn mit großer Hoffnung und Freude in ihrer Mitte begrüßen, aber kurze Zeit später rufen: „Ans Kreuz mit ihm!“

Liebe Schwestern und Brüder, mag uns in den heutigen Sonntagstexten auch manches nicht schmecken und manches gar nicht harmonisch klingen, so wissen wir, woran wir in unserem Leben zu arbeiten haben.

Gott will uns zum Leben führen und er hat es in Jesus kraft seiner Auferstehung auch getan. Lasst uns ihm daher vertrauen, glauben und unser Leben nach seiner Weisung ausrichten.


Amen.