Predigt „Gefragt nach der Hoffnung, die erfüllt“ am 6. Sonntag der Osterzeit im Lesejahr A

Liebe Geschwister im Herrn, liebe versammelte Gemeinde,

was bleibt von denen, die wir gernhaben oder von denen wir etwas lernen können?

Worte beleiben

Ich meine vor allem zweierlei: Da sind als Erstes die Worte, die sie zu uns gesprochen und die sie uns gelehrt haben – etwa Zusammenhänge, die wir aufgrund ihrer Erklärungen besser verstanden haben. Da denke ich an meinen ehemaligen Geschichtslehrer am Theresianum in Bamberg, der uns Schüler in ganz einfacher Sprache durch die Weltgeschichte geführt hat, sodass wir staunend vor ihm saßen und voller Spannung darauf gewartet haben, was als Nächstes folgt.

Es kann aber auch einzelnes Wissen sein, in dem diese Menschen Spezialisten waren. Hier denke ich an meinen Griechischlehrer im Vorbereitungsjahr in Bamberg zurück, der alle möglichen Worte aus dem Indogermanischen herleiten konnte. Eine Fähigkeit, die ich bewundert habe, auch wenn ich mich gefragt habe, wie viele Menschen dieser Sprachforschung aus Interesse nachgehen werden. Nun gut, er war in Sprachen einfach ein Spezialis. So hat er uns erzählt, dass er mal nebenbei Schwedisch gelernt hat, da es ja aus dem Indogermanischen ableitbar ist. Dies war jedenfalls seine Sicht, die mich – dem eher Sprachunbegabten – fragend zurückließ.  

Manchmal ist es aber auch einfach nur ein Wort oder , den jemand immer wieder gesagt hat. Bei meiner Oma Maria denke ich etwa immer an ihr „Ihr werdet schon noch sehen.“ zurück. Und bei meinem Primizprediger, meinem Professor, der mich in meinem Freijahr im dritten Studienjahr in Brixen im Bereich Altes Testament gerade den Schatz der Psalmen gelehrt hat, bei ihm denke ich an sein Kichern und Lachen zurück und sein anschließendes: „Joa, so war des“.

Was bleibt?

Ich denke jede und jeder von euch wird nun eigene Leute aus dem eigenen Umfeld vor Augen haben, ob aus der Familie oder dem Freundeskreis, ehemalige Lehrkräfte oder einfach Menschen aus dem persönlichen Umfeld. Manchmal denke ich mir in allen Begegnungen: „Das müsstest du dir jetzt aufschreiben und festhalten.“ Leider vergesse ich das immer wieder, so auch viele Kommentare und einmalige Bemerkungen meiner Schülerinnen und Schüler, die ich selbst unterrichten darf.

Manchmal frage ich mich bei all dem: „Was wird ihnen in Erinnerung bleiben? Welche Sätze, Begebenheiten oder welches Gefühl des Miteinanders?“ Letztlich die Frage: Was wird von mir selbst in Erinnerung bleiben? Gerade in den Momenten des Abschiednehmens denke ich öfters daran, etwa wenn ich dabei sein darf, wenn Menschen aus diesem Leben in das neue Leben übergehen dürfen. Viele Angehörige denken an die Worte ihrer Lieben zurück, welche ich gerne in meiner Traueransprache einbeziehe. So gibt auch Jesus heute im Evangelium seinen Freunden und Jüngern Worte mit, die sie in Erinnerung behalten werden. Er spricht zu ihnen: „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.“ (Joh 14,15) Und: „Ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll, den Geist der Wahrheit.“ (Joh 14,16)

„Jederzeit Rede und Antwort stehen“

Ja, Worte haben es in sich, denn sie können gut in Erinnerung bleiben und das Leben nachhaltig positiv oder auch negativ beeinflussen. In meinem ersten Studienjahr in Würzburg hatte ich das große Glück Prof. Wolfgang Klausnitzer aus der Fundamentaltheologie hören zu dürfen – jener theologischen Disziplin, die danach fragt, wie Glaube gerechtfertigt und glaubwürdig gemacht werden darf. Jener Professor, der heute in Zeiten seiner Emeritierung als Rektor das Priesterseminar Leopoldinum im Zisterzienserkloster Heiligenkreuz leitet, sprach in eindeutig fränkischem Dialekt zum ersten Petrusbrief, den wir heute in der Zweiten Lesung gehört haben: „Diese Stelle muss euch ins Gedächtnis eingeprächt werrn und die derft ihr nie vergessn: Seid jederzeit bereit jedem Rede und Antwort zu stehen, der euch frächt nach der Hoffnung, die euch erfüllt.“ Und eine Studienkollegin konnte in ihrer deutlichen fränkischen Sprache genau diese Worte immer gut sprechen, weil sie ihr ins Gedächtnis nachdrücklich eingeprägt waren.

Glaubenszeugnis geben

Über all die Jahre prägt mich genau dieser Satz immer mehr. Denn der Verfasser des ersten Petrusbriefes spricht davon in einer Zeit und Welt, die dem christlichen Glauben fremd oder sogar feindlich gegenübersteht. Für ihn ist es zuallererst die heidnische Welt, in der Christen seiner Ansicht nach nicht schweigen dürfen von der Hoffnung, die sie von den anderen unterscheidet. Es ist eine konkrete Hoffnung in einer Person, nämlich in Jesus Christus. Und diese Hoffnung hat sich Platz gemacht und ist dauerhaft eingepflanzt im Herzen des Christen. Für den Autor heißt das nicht, dass man überall plaudern muss oder gar jeden mit dem eigenen Glauben überschütten muss. Aber wenn einer fragt: „Was glaubst denn du?“, dann sollte schon eine konkrete, glaubhafte und verinnerlichte Antwort aus dem Glauben kommen.

Zudem kommt für ihn die Zeit der Verfolgung hinzu. Er weiß darum, dass Glaubensgeschwister Not, Leid und Verfolgung leiden müssen, aber dass sie dennoch nicht von ihrem Glauben lassen, sondern dass sie ansprechen, wovon sie überzeugt sind. Daher schreibt er: „Es ist besser, für gute Taten zu leiden, wenn es Gottes Wille ist, als für böse.“ (1 Petr 3,17) Und er ruft Christus in Erinnerung, der für die Sünden gestorben ist, aber durch den Geist lebendig gemacht worden ist.

Bleibendes Liebeszeugnis

Und hier sind wir beim Zweiten, das von Menschen in Erinnerung bleibt: nämlich die Liebe, die sie in die Welt gebracht und in ihr verströmt haben. „Wenn einer mich liebt“, so beginnt das heutige Evangelium und fährt fort mit „werdet ihr meine Gebote halten.“ Wer in Liebe verbunden ist, der will im Rahmen bleiben, der zusammenhält: nämlich in der Liebe. Und diese Liebe ist für Jesus, der das lehrt, nicht nur ein romantisches Gefühl, das zu spüren ist, sondern die konkret wird in der Tat – im täglichen Tun.

Wenn ich jemanden liebe, dann tue ich vieles nicht aus Pflicht, sondern aus Liebe. Dann räume ich als Kind die Spülmaschine ohne ständiges Murren und Meckern aus, sondern aus Liebe. Dann nehme ich mir die Stunde Zeit für die pflegebedürftigen Eltern, weil mein Bruder oder meine Schwester gerade einmal durchschnaufen muss oder weil ein guter Freund oder eine Freundin diese Stunde einen wichtigen Termin hat. Ich handle so, weil ich weiß, dass meine Eltern jeden Tag neu für mich sorgen. Dass Eltern und Großeltern mit Liebe meine Lieblingsspeisen zubereiten oder auch Verzicht bei sich selbst üben, nur weil sie wollen, dass es mir besser geht. Dass Freunde für mich da sind, weil sie mir etwas Gutes wollen.

Wer wahrhaft liebt, der handelt ohne ständiges Murren und Zögern, das auch manchmal sein mag, sondern weil er sich verschenken möchte. Die Tat zählt hier mehr als das Wort. Das Liebeswerk aneinander mehr als allein der Satz „Ich hab dich gern oder gar: Ich liebe dich.“

Bleibendes Liebeszeugnis

Und hier sind wir beim Muttertag und Vatertag angelangt, den wir an diesem Sonntag und am kommenden Donnerstag begehen. Sie haben vielleicht die Diskussion über den Kindergarten in Amöneberg-Mardorf im Bistum Fulda mitbekommen, in der es darum ging, dass die Erzieherinnen der katholischen Kita den Kindern verbieten wollten, kleine Präsente für deren Mama und Papa zu diesen Tagen anzufertigen, weil sie der Ansicht waren, dass dieses einmalige Schenken an diesen Tagen aus Gründen der modernen Diversität keinen Platz mehr in der Bildungseinrichtung haben dürfte. Das Medienecho daraufhin war sehr groß und so schaffte es die Kita bis in die großen Zeitungen und Internetportale.

Fernab dessen, wie man persönlich zu der Thematik der Diversität in der heutigen Gesellschaft steht, scheint mir durch dieses Ereignis eine wichtige Frage durch: Machen wir uns die Liebe, welche Eltern, Großeltern, Freunde und Bekannte uns täglich erweisen, jeden Tag bewusst oder nehmen wir sie für selbstverständlich einfach so hin?

Liebe muss sich jeden Tag zeigen können

Hier können uns zwei Blickrichtungen begegnen. Zum einen: Eigentlich braucht es keine besonderen Tage, um die Liebe auszudrücken, die wir jeden Tag spüren können. Das wäre eigentlich auch genau die Zielrichtung, die uns Jesus heute im Evangelium mitgeben möchte. Er spricht ja davon, dass wir an ihn nicht nur an besonderen Tagen oder wenn wir uns etwas von ihm erhoffen, denken sollen, sondern dass er uns jeden Tag begegnen will: in unserem Herzen; dem Ort, an dem er gefunden werden kan

Und doch braucht es besondere Tage

Zum anderen: Wir Menschen brauchen besondere Tage, an denen unser Dank zum Ausdruck kommt, weil wir aus realistischer Perspektive für jeden Tag überfordert wären. Daher feiern wir ja auch Geburts- und Namenstag, den Hochzeitstag, besondere Tage in Gemeinschaft wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten, den Mutter- und Vatertag, aber auch ganz bewusst den Sterbetag einer lieben Person, die wir aus diesem Leben ziehen lassen mussten.

Ja, Worte und die Liebe prägen unser Leben und unser Miteinander. Machen wir uns daher immer wieder bewusst, welche Worte wir füreinander übrighaben und überlegen wir gut, wie wir die Liebe, die uns in Familie, Freundeskreis, Partnerschaft und Ehe, aber auch als Glaubensfamilie, spürbar werden lassen wollen.

„Wer meine Gebote hat und sie hält und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.“ (Joh 14,21) Und wer das gespürt hat, der soll jederzeit davon Rede und Antwort geben. Amen.